RESIDENZPROJEKT "Mirilo"
Abschlussperformance von Joan Jordi Oliver im Rahmen seiner Residenz bei Global Forest
Sonntag 1.Mai 15 Uhr
Der Kunstverein Global Forest hat in den Monaten März-April 2022 zwei Kurzzeitresidenzen vergeben. Die Residenzen sind als Arbeitsstipendien auf 3-5 Wochen angelegt. Die Ergebnisse der Residenzen werden beim Vogelklang-Soundcamp öffentlich präsentiert.
Residenzprojekt (Auszug):
Die Klänge der Natur haben seit jeher eine tiefe Faszination auf KünstlerInnen aus allen Jahrhunderten ausgeübt. Noch bevor die Aufnahmetechnologie die Möglichkeit bot, diese Klänge für immer einzufangen, ließen sich KomponistInnen viel von ihrer Umgebung inspirieren und schufen ganze Symphonien als Nachahmung der Kraft und Schönheit der Natur. Das Aufkommen der Aufnahmetechnologie, gepaart mit den neuen Formulierungen radikaler Musiksprachen des vergangenen Jahrhunderts, veränderte unsere Wahrnehmung des Klangs für immer und erzeugte eine völlig neue Bedeutung, Sensibilität und Bewusstsein in unserem Hörerlebnis gegenüber den Klängen unserer Welt.
Diese Beziehung zwischen Naturklang und Musiktechnologie und die Art und Weise, wie sie unser Hörerlebnis verändert hat, hat die Konzeption dieses Projekts inspiriert. Es konzentriert sich auch speziell auf eine bestimmte Quelle, die Geräusche der Vögel, die weithin als die schönsten Gesänge der Natur anerkannt sind. Vögel sind die Stimme der Natur, eine unbegrenzte Quelle melodischer Gesten. In diesem Projekt möchte ich Technologie als gewalttätigen Akt der Aneignung dieser Schönheit nutzen, indem ich die Lieder der Vögel stehle, um sie als Rohmaterial für eine ausgedehnte, unerwartete Klangexploration zu verwenden. Die Stimmen der Vögel werden mit computer-synthetisierten Klängen in einen Dialog gesetzt, wodurch die materiellen Qualitäten ihrer Gesänge freigelegt und sie verklärt werden, bis sie schließlich ihre Identität auslöschen.
Ziel des Projekts ist die Schaffung einer performativen Situation, in der Aufnahmen von Vögeln in der Umgebung von St Georgen mit digitalen und analogen Mitteln bis zur Unkenntlichkeit verarbeitet sind. Sie werden auch mit technologischen Werkzeugen zur Erzeugung von synthetisierten Klängen, Feedback und computer processing konfrontiert. Der/ie ZuhörerIn muss sich einer zwiespältigen Situation zwischen Realismus und Fake, zwischen natürlichen und künstlichen Geräuschen gegenübersehen. Sind die hohen, dünnen Töne die Aufnahme eines Singvogels? Oder sind sie das Ergebnis einer Feedback loop zwischen einem Mikrofon und einem Lautsprecher? Wie wird unser Hörerlebnis in Gegenwart von natürlichen und technologischen Klängen konditioniert? Welche Narrative und Fragestellungen lassen sich aus dieser Situation ableiten?
Joan Jordi Oliver (*1994) ist ein spanischer Musiker aus Mallorca. Er ist Saxofonist, Komponist, Improvisator und Produzent von elektronischer Musik. Seine künstlerische Praxis zeichnet sich durch eine permanente Erforschung neuer musikalischer Ausdrucksformen aus sowie versuchen, ästhetische Barrieren zu überwinden und Kategorisierungen zu verweigern.
Als Saxofonist, Performer und Komponist erweitert er die Möglichkeiten seines Instruments permanent. Sein Hauptaugenmerk richtet sich hierbei auf die Hybridisierung der Akustik des Saxofons und dessen Transformationsmöglichkeiten durch Elektronik, beides als ein Prozess, welcher die Stimme des Instruments mitunter vollständig verklärt. In seiner Arbeit als Produzent betreibt er Klangforschung, welche die Vorstellungen von Klang als Raum erkundet und von Konzepten sowie der Ästhetik von Drone- und Ambient-Musik inspiriert ist. Dies manifestiert sich in seinen zwei jüngsten experimentellen Ambient-Alben, Enlaire (2021) und Transit (2022).
Joan arbeitet international als freischaffender Musiker. Eine intensive Tätigkeit als Interpret und zahlreiche Kollaborationen mit KünstlerInnen, Ensembles, Orchestern und Bands führten ihn in viele Konzertsäle in Europa, Amerika und Asien. Er ist in renommierten Konzertsälen für klassische Musik wie der Elbphilharmonie in Hamburg oder der Victoria Hall in Genf bis hin zu legendären “underground” Veransaltungsorten wie dem ISSUE Project Room in New York oder dem SuperDeluxe in Tokio aufgetreten.
Neben seiner künstlerischen Praxis und mehreren Kooperationen arbeitet Joan als Dozent für elektroakustische Musik an der Musikschule Konservatorium Zürich und kuratiert seine eigene Konzertreihe Strom am Mittag, eine Plattform für experimentelle elektronische Musik, die aufstrebende und renommierte Künstler der Schweizer Musikszene einbezieht.